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Misericordias Domini, 18.04.2021 Bitte nutzen Sie unser Angebot zur Andacht zu Hause. Sie dürfen diese Andachten zu Hause feiern, auch kopieren, verschenken!


16. April 2021

Hesekiel 34:1-2(3-9)10-16.31

1 Das Wort des HERRN erging an mich, er sagte:

2 »Du Mensch, kündige den führenden Männern in Israel das Strafgericht an. Sag zu ihnen: ‚So spricht der HERR, der mächtige Gott: Weh euch! Ihr seid die Hirten meines Volkes; aber anstatt für die Herde zu sorgen, habt ihr nur an euch selbst gedacht.

3 Die Milch der Schafe habt ihr getrunken, aus ihrer Wolle habt ihr euch Kleider gemacht und die besten Tiere habt ihr geschlachtet. Aber für einen guten Weideplatz habt ihr nicht gesorgt.    4 War ein Tier schwach, so habt ihr ihm nicht geholfen; war eins krank, so habt ihr es nicht gepflegt. Wenn eins ein Bein gebrochen hatte, habt ihr ihm keinen Verband angelegt. Die Verstreuten habt ihr nicht zurückgeholt, die Verlorengegangenen nicht gesucht. Alle Tiere habt ihr misshandelt und unterdrückt.             5 Weil meine Schafe keinen Hirten hatten, verliefen sie sich und fielen den Raubtieren zur Beute.            6 Sie irrten überall umher, auf Bergen und Hügeln, denn niemand war da, der sie suchte, niemand, der sich um sie kümmerte.      7 Darum, ihr Hirten, hört, was der HERR, sagt:            8 So gewiss ich lebe, der HERR, der mächtige Gott: Ich schaue nicht mehr länger zu! Meine Schafe wurden geraubt und von wilden Tieren gefressen, weil sie keinen Hirten hatten; denn meine Hirten haben nur für sich selbst gesorgt und nicht für meine Herde.        9 Darum hört, ihr Hirten, was der HERR sagt!

10 So spricht der HERR, der mächtige Gott: Die Hirten meiner Schafe bekommen es mit mir zu tun, ich fordere meine Herde von ihnen zurück! Ich setze sie ab; sie können nicht länger meine Hirten sein; sie sollen nicht länger mein Volk ausbeuten! Ich reiße meine Schafe aus ihrem Rachen, sie sollen ihnen nicht länger zum Fraß dienen!

11 ‚Der HERR, der mächtige Gott, hat gesagt: Ich selbst will jetzt nach meinen Schafen sehen und mich um sie kümmern.

12 Wie ein Hirt seine Herde wieder zusammensucht, wenn sie auseinander getrieben worden ist, so suche ich jetzt meine Schafe zusammen. Ich hole sie zurück von allen Orten, wohin sie an jenem unheilvollen Tag vertrieben wurden.

13 Aus fremden Ländern und Völkern hole ich sie heraus; ich sammle sie und bringe sie in ihre Heimat zurück. Die Berge und Täler Israels sollen wieder ihr Weideland sein.

14 Ich lasse sie dort auf saftigen Wiesen grasen; auf den hohen Bergen Israels sollen sie ihre Weide finden und sich lagern.

15 Ich will selber für meine Herde sorgen und sie zu ihren Ruheplätzen führen. Das sage ich, der HERR, der mächtige Gott.

16 Ich will die Verlorengegangenen suchen und die Versprengten zurückbringen. Ich will mich um die Verletzten und Kranken kümmern und die Fetten und Starken in Schranken halten. Ich bin ihr Hirte und sorge für sie, wie es recht ist

31 Ja, ihr seid meine Herde, für die ich sorge, und ich bin euer Gott. Das sage ich, der HERR, der mächtige Gott.‘

Liebe Gemeinde!

Endlich redet mal jemand Klartext. Soviel  verstehen wir gleich – auch wenn die Einzelheiten noch etwas unklar sind.

Der Prophet mit Namen Ezechiel übt heftige Kritik an den Mächtigen seiner Zeit. Sie haben auf ganzer Linie versagt.

587 v. Chr. wird Jerusalem von dem starken Volk der Babylonier erobert und zerstört. Viele Menschen werden verschleppt und heimat-los. Wer mit wachen Verstand die Entwicklung bis zu dieser Katastro-phe verfolgt hat, weiß, wer dafür die Verantwortung trägt: Die da „oben“ tragen die Verantwortung für das bittere Schicksal von denen da „unten“. Die Mächtigen, die Führer des Volkes haben nur an sich und ihren Vorteil gedacht. Die Interessen der einfachen und kleinen Leute haben sie kaltschnäuzig ignoriert. Diese verdorbene Elite trägt die Verantwortung. Sie sind gemeint, wenn von den Hirten die Rede ist, die sich nur selbst geweidet und gemästet haben.

Eigentlich sollen sich die Hirten, die Eliten in Politik und Wirtschaft um die Menschen kümmern, so wie ein guter Hirte sich um seine Schafe kümmert: Die Menschen sollen satt werden, sollen in Friede und Gerechtigkeit ein ruhiges und sicheres Leben führen können.

Aber es ist anders: Die Herde ist zerstreut, das Land Israel mit der Hauptstadt Jerusalem zerstört.

Darum sagt Gott durch Hesekiel: „Die Hirten meiner Schafe bekommen es mit mir zu tun, ich fordere meine Herde von ihnen zurück! Ich setze sie ab; sie können nicht länger meine Hirten sein; sie sollen nicht länger mein Volk ausbeuten! Ich reiße meine Schafe aus ihrem Rachen, sie sollen ihnen nicht länger zum Fraß dienen!“

Kommt uns das alles nicht bekannt vor? Wie ähnlich ist die Beschrei-bung der Verhältnisse von damals den Nachrichten von heute?

Machthaber weltweit, die ihr Volk ausbeuten und zugrunde richten?

Mir fallen Skandale der letzten Jahre ein, wo Wirtschaftslenker große Gehälter beziehen, Betrügereien hinnehmen und als alles auffliegt, sich aus der Verantwortung stehlen und alles auf „die da unten“ abwälzen.

Ja, es macht mich traurig, wenn ich einen Blick auf uns selbst, auf die Kirche richte. Da wird dem Thema auskömmliche Gehälter für profes-sionelle Mitarbeiter mehr Gewicht gegeben, als dass eine Debatte über eine solidarisch, geistlich wache Kirche in Gang gesetzt wird.

Hesekiel übt heftige Kritik an den Regierenden seiner Zeit und kündigt mit großen Ernst an: Gott wird ihre Bosheit, ihren Egoismus bestrafen!

Aber das ist nur ein Teil der Botschaft. Den anderen Teil hören wir in Gottes Rede aber nicht minder deutlich: „Ich selbst will jetzt nach mei-nen Schafen sehen und mich um sie kümmern.“ (V. 11) „Aus fremden Ländern und Völkern hole ich sie heraus; ich sammle sie und bringe sie in ihre Heimat zurück. Die Berge und Täler Israels sollen wieder ihr Weideland sein.“ (V. 13) „Ich will die Verlorengegangenen suchen und die Versprengten zurückbringen. Ich will mich um die Verletzten und Kranken kümmern und die Fetten und Starken in Schranken halten. Ich bin ihr Hirt und sorge für sie, wie es recht ist.“ (V. 16)

Weil „die da oben“ versagt haben, nimmt der da „ganz oben“ die Sache in die eigene Hand. Was für eine Verheißung?

Für die Vertriebenen, die Ausgebeuteten, die im Stich Gelassenen gibt es eine Zukunft des Friedens. Diese Zukunft beginnt nicht damit, dass jemand sich aufrafft und gerechte Verhältnisse schafft. Nein, der Neuanfang geschieht durch Gott selbst! Er spricht: „Ich selbst will jetzt nach meinen Schafen sehen und mich um sie kümmern.“

Der Neuanfang beginnt, bildlich gesprochen, „ganz oben“. Er beginnt nicht bei den Eliten – er beginnt bei Gott – er beginnt mit Gott!

Die Bibel berichtet an anderer Stelle (Jesaja 45) davon, wie damals in dieser historisch-konkreten Situation Gott selbst für einen Neuanfang gesorgt und auf wunderbare Weise in die große Politik eingegriffen hat. Der nichtjüdische Perserkönig Kyrus gewann an Macht und hat die  Heimkehr der Verschleppten und den Neuaufbau ihres Landes ermöglicht.

Der Neuanfang beginnt ganz oben: Das sollen wir bedenken und bejahen; bei den Fragen der Erneuerung von Kirche und Gemeinde; bei der Erneuerung von Gesellschaft und Politik.

Deshalb wollen wir uns auf den besinnen, durch den doch schon ein grundlegender Neuanfang, nicht nur für uns, sondern für die ganze Welt geschehen ist; auf Jesus Christus. Er sagt: „Ich bin der gute Hirte. Ein guter Hirte ist sogar bereit, für seine Schafe zu sterben.“

Das Besondere an diesem guten Hirten Jesus ist nicht irdische Macht, durch die er gerechtere Verhältnisse schaffen könnte. ER ist auch nicht der, der durch besonders vorbildliches Handeln alle in dieser Welt Regierenden übertrifft. Und ein Kabinett mit Ministern oder ein Armee, die seine Vorstellungen durchsetzen könnte, sind auch nichts seins.

Das Besondere an Jesus: ER macht Gottes Regiment sichtbar!

Gott selber sucht und erlöst sein Volk. ER allein rettet es aus schuld-haften Verstrickungen. Dafür hat ER den Weg der Barmherzigkeit, und nicht den der Stärke und Macht gewählt.

Natürlich: Auf diesem Weg ist Jesus unter die Räder gekommen. Die Mächtigen konnten den barmherzigen Gott in Jesus nicht ertragen. Der Hirte Jesus stirbt für seine Schafe.

Aber ausgerechnet, diese absolute Hingabe hat allen Menschen die Tür zu einem neuen Leben im Frieden mit Gott geöffnet, zu Heilung an Leib und Seele.

Und damit haben wir als Kirche und Gemeinde, als einzelne Nachfolger dieses guten Hirten unsere Aufgabe: Durch deutliches und klares Reden von Jesus und seiner guten Nachricht, dürfen wir den Weg bereiten, der viele Menschen zu dem wirklich guten Hirten führt.

Denn danach sehnen sich doch alle Menschen: nach einen der nicht an sich selber denkt, sondern voller Liebe und Hingabe an uns Menschen denkt und für uns sorgt.

Und das ist unser Herr und Heiland: Jesus der gute Hirte!

AMEN

Pfr. Anselm Meyer, Stadtkirchgemeinde Zwickau

Kirche in Zwickau-Auerbach