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Predigt zu Joh 3,1-8 zum Gedenken der Jubelkonfirmation am 30. Mai 2021


28. Mai 2021

1 Es war aber ein Mensch unter den Pharisäern mit Namen Nikodemus, ein Oberster der Juden.

2 Der kam zu Jesus bei Nacht und sprach zu ihm: Rabbi, wir wissen, dass du ein Lehrer bist, von Gott gekommen; denn niemand kann die Zeichen tun, die du tust, es sei denn Gott mit ihm.

3 Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht von Neuem geboren wird, so kann er das Reich Gottes nicht sehen.

4 Nikodemus spricht zu ihm: Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt ist? Kann er denn wieder in seiner Mutter Leib gehen und geboren werden?

5 Jesus antwortete: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht geboren wird aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen.

6 Was aus dem Fleisch geboren ist, das ist Fleisch; und was aus dem Geist geboren ist, das ist Geist.

7 Wundere dich nicht, dass ich dir gesagt habe: Ihr müsst von Neuem geboren werden.

8 Der Wind bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt. So ist ein jeder, der aus dem Geist geboren ist.

Liebe Gemeinde, heute begehen wir die Jubelkonfirmation derer, die im letzten oder in diesem Jahr ein Konfirmationsjubiläum haben. Jubelkonfirmation heißt, sich zu erinnern, wie war das damals und was habe ich seitdem alles erlebt. Unweigerlich macht man sich Gedanken über sein Leben.

Über das Leben neu nachdenken – das tut auch Nikodemus, der uns im heutigen Predigttext im Gespräch mit Jesus begegnet. Er ist Pharisäer, also einer, der es mit dem Glauben und dem Leben nach den Geboten Gottes sehr ernst nimmt. Studium der Schrift und geistige Auseinandersetzung damit gehören zu seinem Alltag. Nikodemus ist einer von den Oberen, so heißt es.

Er hat es also geschafft, hat es zu was gebracht. Er sitzt im Rat, hat Einfluss und genießt Ansehen. Und trotzdem ist er darüber nicht träge geworden. Er hat das Fragen nicht aufgegeben.

In der Mitte seines Lebens oder auch schon weit darüber hinaus, ist er sich nicht zu schade, gegebenenfalls auch alles Bisherige in Frage zu stellen.

Er hat einiges von Jesus gehört und Zeichen seiner göttlichen Vollmacht gesehen. Das treibt ihn nun um. Es lässt ihm offenbar keine Ruhe. Nikodemus hat den Mut. Er geht mit dem, was ihm auf der Seele brennt zu Jesus. Bei Jesus findet er im Ringen um die Fragen seines Lebens ein offenes Haus, ein offenes Ohr und ein offenes Herz. Er nimmt sich Zeit, ist dem Nikodemus Partner in seiner Besinnung. Jesus drängt Nikodemus zu nichts. Schließlich geht es darum, dass er seinen Weg selber findet.

Nikodemus erkennt Jesus als Lehrer an. An den Zeichen Jesu hat er erkannt, dass in ihm Gott am Werk ist. Nikodemus hat also einen Blick dafür, hinter dem innerweltlichen Geschehen, Gott zu entdecken. Ein solcher Blick des Glaubens erahnt das Reich Gottes, von dem Jesus redet und zu dem er einlädt.

Die Frage, die sich dann stellt, ist, wie kann ich daran teilhaben? Oder anders gesagt: wie kann ich des Wunderbaren, mit dem ich in Bereich von Kirche und Glauben schon meine Erfahrung gemacht habe, ganz und gar teilhaftig werden? Wie stelle ich es an, die Erfüllung des Segens Gottes dauerhaft erfahren zu können? Nikodemus kommt gar nicht erst dazu, diese Frage zu stellen. Jesus antwortet bereits auf seine einleitende Formulierung. Er spürt seine Sehnsucht nach Tiefe und nach Sinn.

3 Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Es sei denn, dass jemand von neuem geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen.

Die Fähigkeit, Gottes Welt wahrzunehmen und zu ihr dazu zu gehören, gleicht einer Neugeburt. Zum christlichen Glauben kommen heißt, das Licht der Welt neu erblicken, und dann lebenslang lernen und wachsen zu dürfen.

Nikodemus greift das Bild von Jesus auf und fragt nach, wie denn das zugehen könne? Schließlich kann man ja den Film seines Lebens nicht einfach zurückdrehen und noch einmal zur Welt kommen.

4 Nikodemus spricht zu ihm: Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt ist? Kann er denn wieder in seiner Mutter Leib gehen und geboren werden?

Sicher nicht. Um die leibliche Geburt geht es ja auch gar nicht. Aber wie dann? Du sprichst in Rätseln.

5 Jesus antwortete: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Es sei denn, dass jemand geboren werde aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen.

6 Was vom Fleisch geboren ist, das ist Fleisch; und was vom Geist geboren ist, das ist Geist.

Um diese geistliche Geburt geht es also. Hervorgebracht wird der Christenmensch. Also einer, der über das Weltliche hinaus einen Sinn für die Dimension des Geistlichen hat, der Gottes Realität, seine Nähe und Hilfe wahrnimmt und damit lebt. Eine solche Neugeburt geschieht durch Wasser und Geist.

Mit dem Wasser ist wohl auf die Taufe angespielt. In ihr sagt Gott sein dauerhaft gültiges Ja zu einem Menschen. Alles, was Jesus für uns getan hat, gilt dem Getauften, steht als Verheißung, was Gott geben will, über dem weiteren Leben.

Was in der Taufe äußerlich vollzogen wird, muss aber im Inneren wirksam werden. Dafür steht der Geist. Das Geschenk will ausgepackt und benutzt werden. Das äußere Zeichen dafür ist das Ja des Menschen zu Gott, das Glaubensbekenntnis und die Absicht, in diesem Glauben bleiben und wachsen zu wollen, wie wir es bei der Konfirmation versprechen und mit der Jubelkonfirmation erneuern. Die Ernsthaftigkeit solcher Lippenbekenntnisse wird spürbar im Verhalten, im Umgang mit anderen Menschen, mit Zeit, Kraft und Geld. Atmet dies den Geist von Jesus Christus? Der Heilige Geist Gottes ist überall wirksam, wo das geschieht.

Jeder, der seine Konfirmation ernst gemeint hat, und auf diesem Weg geblieben ist, der hat das neue Leben aus Wasser und Geist an sich erlebt. Deshalb denke ich, dass jeder, der seine Jubelkonfirmation feiert, weiß oder zumindest ahnt, was Jesus damit meint.

Nikodemus aber scheint es in dieser Nacht nicht zu verstehen. Er hat durchaus eine Antenne dafür. Aber in diesem Gespräch versteht er zunächst wohl nur Bahnhof. Manchmal mag es uns ja ähnlich gehen.  Es fehlt einfach der Zugang. Trotz Erklärung geht kein Licht auf. Und dann geht man unbefriedigt aus dem Gottesdienst, einem Gemeindeabend, einem Gespräch. Das kann passieren. Denn zum Verstehen brauchen wir den Geist Gottes. Und der weht, wo er will.

Entscheidend ist, wie es dann weiter geht. Hängen wir ab? Geben wir auf? Dann wird der Abstand schnell größer, die Bindung des Glaubens immer lockerer.

Oder bleiben wir dran? Wie Nikodemus. Von ihm wird im Johannesevangelium berichtet, dass er nach Jesu Tod etwa 100 Pfund Myrrhe gemischt mit Aloe brachte, damit man Jesus damit einbalsamieren könne. Diese Menge reicht, um einen ganzen Friedhof in wohlriechenden Duft zu versetzen. Wenn das nicht Ausdruck einer inzwischen entstandenen Herzensverbindung ist! Auch wenn unsere Geschichte dies offenlässt. Nikodemus ist drangeblieben. Und das wohl nicht umsonst. Vielleicht hat er später besser verstanden, was Jesus ihm geantwortet hatte. Schließlich ist das mit der Neugeburt aus Wasser und Geist keine Forderung im Sinne von „du musst“. Es ist vielmehr eine Verheißung, dass Gott das Wunder des Glaubens so schenken will, wenn man dranbleibt.

Ohne den Geist Gottes geht es aber nicht. Er verwickelt uns im Leben immer wieder mit Gott und Jesus. Er bringt Gottes Kraft, seinen Trost, seine Liebe, Gottes Segen in unser Leben hinein, ohne dass wir es recht erklären könnten.

8 Der Wind bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt. So ist es bei jedem, der aus dem Geist geboren ist.

Es kommt also darauf an, dass der Geist Gottes in uns wirken kann. Um Gottes Segen zu erfahren, etwas von seiner Kraft zu spüren, muss unser Glauben mehr sein als ein Notnagel oder Zierrat.

„Einst fuhr ein Missionar zu einer Außenstation und saß neben seinem Fahrer, der Christ war.

Da sagte der Fahrer: >>Auch das Auto hat seine Gleichnisse.<<

>>Woran denkst du dabei?<<

>>Nun, es gibt Christen, die benutzen den Glauben so wie ein Ersatzrad. Wenn in ihrem Leben ein Unglück kommt, dann denken sie: Jetzt muß mir mein Glaube helfen.<<

>>Und was meinst du, was der Glaube sein sollte?<<

>>Das Lenkrad, Herr, das Lenkrad!<<

Wenn uns an Gott und seinem Segen gelegen ist, dann tun wir gut daran, ihm auch reichlich Gelegenheit dazu zu geben, um im Glauben zu bleiben und zu wachsen, wie wir es bei der Konfirmation versprochen haben. Amen.

Pfarrer Andreas Marosi

Lied: Ich bin getauft auf deinen Namen (EG 200)

1. Ich bin getauft auf deinen Namen, Gott Vater, Sohn und Heil’ger Geist,

ich bin gezählt zu deinem Samen, zum Volk, das dir geheiligt heißt,

ich bin in Christus eingesenkt, ich bin mit seinem Geist beschenkt.

2. Du hast zu deinem Kind und Erben, mein lieber Vater, mich erklärt,

du hast die Frucht von deinem Sterben, mein treuer Heiland, mir gewährt.

du willst in aller Not und Pein, o guter Geist, mein Tröster sein.

3. Doch hab ich dir auch Furcht und Liebe, Treu‘ und Gehorsam zugesagt,

ich hab, o Herr, aus reinem Triebe dein Eigentum zu sein gewagt,

hingegen sagt‘ ich bis ins Grab des Satans schnöden Werken ab.

4. Mein treuer Gott, auf deiner Seite bleibt dieser Bund wohl feste stehn;

wenn aber ich ihn überschreite, so laß mich nicht verlorengehn!

Nimm mich, dein Kind, zu Gnaden an, wenn ich hab‘ einen Fall getan!

5. Ich gebe dir, mein Gott, aufs neue Leib, Seel‘ und Herz zum Opfer hin.

Erwecke mich zu neuer Treue und nimm Besitz von meinem Sinn.

Es sei in mir kein Tropfen Blut, der nicht, Herr, deinen Willen tut.

6. Laß diesen Vorsatz nimmer wanken, Gott Vater, Sohn und Heil’ger Geist!

Halt mich in deines Bundes Schranken, bis mich dein Wille sterben heißt!

So leb‘ ich dir, so sterb‘ ich dir, so lob‘ ich dich dort für und für.

Foto: Goldene Konfirmation

© Evangelische Kirchengemeinde Mahlsdorf