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Gottesdienst zum Sonntag Judika, 21.03.2021, Präzensgottesdienst 10:30 Uhr im Dom St. Marien Zwickau


19. März 2021

Onlinegottesdienst aus der Katharinenkirche Zwickau auf der Internetseite: https://www.stadtkirchgemeinde.de

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ALLE: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen /Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn / der Himmel und Erde gemacht hat. / Der Herr sei mit euch.

EINER: Wir feiern miteinander Gottesdienst. Der Name dieses Sonntags lautet JUDICA und geht auf einen Gebetsruf aus Psalm 43 zurück. Darin heißt es: Gott, schaffe mir Recht!  Dieses Gebet wollen wir auch heute sprechen, denn an vielen Orten sehnen sich Menschen danach, in Frieden und Gerechtigkeit zu leben /

Wir beten mit Worten des 43. Psalmes: :

SCHAFFE MIR RECHT, Gott,

und führe meine Sache wider das treulose Volk

und errette mich von den falschen und bösen Leuten.

Denn du bist der Gott meiner Stärke:

Warum hast Du mich verstoßen?

Warum muss ich so traurig gehen,

wenn mein Feind mich drängt?

Sende dein Licht und deine Wahrheit, dass sie mich leiten zu deinem heiligen Berg und zu deiner Wohnung.

Dass ich hineingehe zum Altar Gottes,

zu dem Gott, der meine Freude und Wonne ist,

und dir Gott, auf der Harfe danke, mein Gott.

Was betrübst du dich, meine Seele,

und bist so unruhig in mir?

Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.

Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie es war im Anfang so auch jetzt und allezeit und von Ewigkeit zu Ewigkeit Amen.

Herr erbarme dich. Christus erbarme dich. Herr erbarm dich über uns.  AMEN

Lied: EG 76,1+2 O Mensch bewein dein Sünde groß

EVANGELIUM:  Markus 10,35-45  

EINER: Evangelium unseres Herrn Jesus Christus.

ALLE: Lob sei dir Christus.

CREDO/Glaubensbekenntnis  

P r e d i g t  zu HIOB 19,19-27 – Predigttext folgt

Liebe Gemeinde,

Auf dem Vorplatz der Kirche St. Klara in Nürnberg steht eine im Jahr 1957 von Gerhard Marcks geschaffene Plastik. Gerhard Marcks war ein deutscher Bildhauer und Grafiker und wird der Berliner SEZESSION zugeordnet. Das war eine  Künstlergruppe der für kurze Zeit auch der Zwickauer Künstler Max Pechstein angehörte.

Steht man nun vor dieser Plastik erkennt man anhand der abgebildeten Figur, die Geschichte eines Menschen der gerne aufrecht stehen will – der senkrechte Oberkörper und die Größe der Figur deuten das an  – aber,  durch was auch immer bedingt, muss er sitzen. Der Kopf ist tief nach vorne geneigt, die Hände stützen sich auf die Beine, die Finger liegen auf den Oberschenkeln und umklammern leicht vormals kräftige Muskeln, die Füße sind angewinkelt und liegen schlaff auseinander. //

Alles, was kräftig sein könnte fällt in dieser Weise nach innen und zugleich auseinander und zeigt an: es ist nicht mehr viel Leben in diesem Menschen. // Würde man versuchen, den Kopf sacht nach oben zu heben, würde man wahrscheinlich die ganze Entkräftung dieses Körpers in den Augen erkennen können und wäre erschrocken über die Ohnmacht die sie übermitteln… das ist Hiob. Nicht nur in den Augen des Künstlers ist er gebrochen, sondern auch in dem gleichnamigen Buch der Bibel, das uns die Geschichte eines Mannes erzählt, den Gott mit schwerem Leid prüft.

Wie es ihm dabei geht, hören wir auszugsweise im heutigen Predigttext, Hiob 19,19-27

Alle meine Getreuen verabscheuen mich, und die ich lieb hatte, haben sich gegen mich gewandt. / Mein Gebein hängt nur noch an Haut und Fleisch, und nur das nackte Leben brachte ich davon. / Erbarmt euch über mich, erbarmt euch, ihr meine Freunde; denn die Hand Gottes hat mich getroffen. / Warum verfolgt ihr mich, wie Gott und könnt nicht satt werden von meinem Fleisch? / Ach, dass meine Reden aufgeschrieben würden! Ach, dass sie aufgezeichnet würden als Inschrift, / mit einem eisernen Gipfel und mit Blei für immer in einen Felsen gehauen! / ABER ICH WEISS DASS MEIN ERLÖSER LEBT, UND ALS DER LETZTE WIRD ER ÜBER DEM STAUB SICH ERHEBEN. / Nachdem meine Haut noch so zerschlagen ist, werde ich doch ohne mein Fleisch GOTT sehen. / Ich selbst werde ihn sehen, meine Augen werden ihn schauen und kein Fremder. Danach sehnt sich mein Herz in meiner Brust.

Als KRISE und KAMPF können die Worte HIOBs gedeutet werden. Sie zeigen ihn an einem Punkt des Lebens das voller Unsicherheiten ist. //

Hiob war ein frommer, gläubiger Mann. Er hatte 10 Kinder und war vermögend. Dann kam der Wendepunkt. Alle Kinder verunglückten oder starben, der Besitz ging verloren, Hiob wird schwer krank. Auch das Verhältnis zu seiner Frau wurde auf die Prüfung gestellt. // Als sie ihn schließlich auffordert, Gott der solchen Verlust zulasse, regelrecht den Rücken zu kehren und ihn zu verfluchen, bleibt Hiob dennoch bei seiner Einstellung und meint: „Nehmen wir das Gute an von Gott, sollen wir nicht auch das Böse annehmen?“   

Was Hiob aushält, ist ein ungeheures Ringen in einer Krise die das Leben bis in die Grundfeste einer menschlichen Überzeugung erschüttert. Er kämpft gegen das Schicksal, gegen die Menschen, die ihn immer wieder hinterfragen und gegen sich selbst. // Das Ganze könnte noch einen Schritt weiter gehen, auf Gott z u g e h e n, so wie Viele es kennen, als Anklage aus einer Situation heraus für die es keinen Ausweg gibt. – Warum Gott? Warum jetzt? Und warum ich? Aber der starke Zwiespalt wird nicht ausschließlich als Zerreißprobe projiziert, sondern auch als MEHRDEUTIGKEIT die sich in einem Spannungsverhältnis zeigt, das Zweifel UND Gewissheit, Verzweiflung UND Zuversicht, Gottverlassenheit UND Gottvertrauen zulässt.

Von anderen Menschen und von Jesus selbst, kennen wir das auch. Am Kreuz von Golgatha rief er: mein Gott, mein Gott warum hast du mich verlassen?! – und wusste sich doch in Gottes Hand. Wahrscheinlich gibt es desgleichen auch in unserem Leben!

Diese Darstellung jedoch ist ein unerwünschtes Land, ein Bereich in dem wir nicht gerne zuhause sind … leichter und besser wäre es, die Dinge wären geordnet und man könnte die eigenen Entwicklungen und den Sitz im Leben klarer, ohne Leid und Kummer einordnen – aber der Widerspruch löst sich nicht auf. Bei HIOB und auch bei uns bleibt eine Sehnsucht erhalten, dass das Unrecht und die HEIMSUCHUNG, jegliches ÜBEL, nicht das letzte Wort behalten werden.

Auch in Corona Zeiten stellt mancher die Frage: warum muss das sein?! dass Menschen unverschuldet Krank werden, dass sie eine Krankheit aushalten, für die es keine Linderung und kein wirkliches Gegenmittel gibt?! // Wo wird auf Zukunft gesät?  

Die Angst vor weiteren Einschränkungen treibt Menschen auf die Straße. Viele fürchten um ihre Arbeitsplätze, andere führen Menschenrechte an, derer sie beraubt wären. Und da ist noch die Unsicherheit, ob die Erziehung und die Bildung von Kindern trotz allem gut gelingen kann. Die Nerven zuhause liegen blank und mancher weiß nicht mehr was richtig ist. Es soll endlich alles wieder so werden wie früher. (Aber diese Situation stellt sich nicht ein.)

Es ist eine kritische Zeit. Mitunter eine Zeit der Hiobsbotschaften und ich denke, dass wir HIOB verstehen können. Wie kann es sein, fragt er, dass ein allmächtiger Gott duldet, dass guten Menschen, Böses widerfährt? 

Einen bemerkenswerten Ansatz zur Beantwortung dieser Frage habe ich bei Augustinus, einem Gelehrten der frühen Kirche gefunden. Er meint: DAS ÜBEL HAT KEIN EIGENSTÄNDIGES SEIN sondern ist nur ein Mangel an Sein bzw. ein Mangel an GUTEM. – Es ist provozierend, die heutige Zeit darauf zu prüfen.

Aber kann nicht gerade dieses, eine Lösung sein?

Wenn eine Krise zu durchleben ist, ist das GUTE das TRAGENDE.  Damit können Menschen auf ein erfülltes Leben achten.

Sie können HOFFNUNG annehmen und ZUVERSICHT vermitteln und sich dafür einsetzen,  dass das Wichtige nicht untergeht. 

Auch im Glauben an Gott tut sich eine feste Zuversicht auf und es bleibt eine Einsicht darin, dass der Lichtblick nicht untergeht.

Hiob ist hierin ein Vorbote. Den Weg der Schuldzuweisungen, so wie andere ihm diesen darlegen, geht er nicht mit. Vielmehr ist er bereit sich innerlich freizugeben. Seine Sehnsucht darüber, dass das Leiden dieser Zeit nicht das letzte Wort hat, sondern Gott, bleibt stärker als alles was ihm widerfährt. Er vertraut darauf, dass Gott ihm Recht schaffen wird.

Ich weiß, dass mein Erlöser lebt. bekennt dieser Mann und bleibt beim GUTEN DER GOTTESBEZIEHUNG. Als der Letzte wird ER über dem Staub sich erheben… Ich werde ihn sehen.

Dieses Wort hat Gewicht und geht mit Hiob einen nächsten Schritt. Und Gott geht diesen Schritt mit Und Hiob findet aus dem KAMPF heraus.  

Ich weiß, dass mein Erlöser lebt – dieses starke Bekenntnis des Hiob das auch in vielen musikalischen Werken vertont worden ist, ist die Bejahung dessen, dass Gott sich mit den Ohnmächtigen der Welt identifiziert und nicht tatenlos zuschaut. // Gott lässt sich an das Schicksal von Menschen binden, denn er ist der, der sich sehen lässt und zuhören kann. // Die Früchte dieses Glaubens ernähren einen vom Leben geprüften Menschen und helfen ihm über die kritische Zeit hinweg – das will ich in Anspruch nehmen dürfen. Auch heute. 

Schließen möchte ich mit einem letzten Blick auf HIOB, so wie ihn GERHARD MARKS abgebildet hat. Mitten in Nürnberg ist er zu finden, an zentraler Stelle in der Königstraße. Was sehen die Betrachter noch?! Sie sehen nicht nur einen gebeugten und zerbrochenen MENSCHEN sondern auch sich selbst, den sehnsüchtigen Menschen mit einem standhaften Oberkörper und einem freien Weg zum Herzen. Eine Stelle, die man durchaus mit der eigenen Handfläche berühren kann.

Ich finde dieser Hiob ist dem Künstler gut gelungen. Er ist ein wunderbarer Ausweis für Ankommen, angenommen werden, verstanden werden und Geborgenheit schaffen.

Und das alles steht im Schatten einer Kirche, die für Gottes Nähe und Zuwendung steht. Ihre Tür ist offen, um Gott ins Leben einzulassen. // Wie HIOBS Leben in Zeiten der Not weiterging so hat jedes Leben eine Zukunft. Sie ist in Jesus verbürgt weil Gott in die Tiefe eines menschlichen Lebens schaut und ihm ein starker Helfer bleibt. „Ich weiß dass mein Erlöser lebt…“ Im Blick auf Jesus, sprechen wir diesen Satz des Hiob als Trost und Zuspruch mit. 

Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. In dem, der da war, dem, der da ist und dem, der da kommt.     Amen

LIED : 97,1+2

Fürbittengebet: (Einer oder mehrere im Wechsel)

Gott der Barmherzigkeit und Liebe, deine Wahrheit kennt keine Grenzen.

Du sprichst zu uns und willst, dass Menschen dein Wort annehmen.
Wir danken dir und bitten: begleite uns mit deinem  Wort in die kommende Woche, zeige Wahrheiten auf, die es gut mit Menschen meinen. Wir rufen zu dir: Herr erbarme dich.

Gott, Du bist an der Seite derer die es schwer im Leben haben. Du siehst ihre Not. Du hörst ihr Flehen und Seufzen. Vor Dich bringen wir unsere Bitten für alle die von LEID betroffen sind, von Krieg und Folter, von Armut und Verachtung, von Pandemie und unüberwindbarer Krankheit. Lass viele spüren, dass Du bei ihnen bist. Wir rufen zu dir: Herr, erbarme dich.

Gott, Deine Wahrheit schafft Gerechtigkeit.

Wir bitten dich für alle, denen die Würde geraubt wird, die ihr Zuhause verloren haben, denen das Recht frei zu sein verweigert wird. Schaffe Recht und Frieden. Frieden zwischen den Völkern und den Religionen, Frieden in unseren Orten, in den Städten und im Land.  Wir rufen zu dir: Herr erbarme dich

Gott, deine Wahrheit liebt das Leben. Wir bitten dich für unsere Gemeinde, für die Familien und die Kinder, für die Jugendlichen und die Alten, für unsere Kranken und Sterbenden, für die Trauernden und Verzweifelten. Für alle, die zu uns gehören und für uns selbst:
bleibe mit deiner Liebe in dieser Zeit und in unseren Herzen.
Wir rufen zu dir: Herr erbarme dich. 

Gott, deine Wahrheit überwindet Grenzen. Wir bitten dich für die freie Pfarrstelle in unserer Kirchengemeinde und für viele andere im Kirchenbezirk. Segne deine Kirche und befähige Menschen zur Verkündigung deines Evangeliums. Lass manche dieses Rufen hören und lenke ihre Schritte auf rechten Weg.

Mache deine Kirche bereit, dass sie ein Gegenüber bleibt für Politik und Wirtschaft, für Kultur und Gesellschaft, dass sie ungerechte Strukturen benennt und auf Leid und Unterdrückung hinweist.

Für dies und anderes was uns auf dem Herzen liegt, beten wir zu dir mit den Worten Jesu:

Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auch auf Erden. Unser tägliches Brot gib und heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.  

SEGEN (EINER oder ALLE)

Der Herr segne uns und behüte uns. Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig. Der Herr erhebe sein Angesicht auf uns und gebe uns Frieden  + Amen.

Liturgie und Predigt: Harald Pepel, Superintendent

Foto: Kapelle in der Katharinenkirche Zwickau